Ist es erlaubt, nach dem ‘Aşşr-Gebet noch Nāfilah-Gebete zu verrichten?

 


Frage:

Ich verrichte nach dem ’Aşşr-Gebet oft noch zwei Şunnah-Rak’a, weil der Gesandte Allahs (sas) das auch tat. Aber die meisten sagen, ich dürfte das gar nicht verrichten. Warum, wir sollen doch dem Raşūl folgen? Bārakallāhu fīk.

 

Antwort:

Alles Lob gebührt Allah!

Erstens:          Es ist nicht zulässig, die Segenswünsche auf den Gesandten Allahs – möge Allah ihn loben und Heil schenken – mit dem Buchstaben „sas“ abzukürzen. Sie dazu folgende Fragestellung. (hier)

Zweitens:       Es existieren zwei unterschiedliche Sichtweisen der Gelehrten bezüglich des Urteils, ob das Nāfilah-Gebet nach dem ‘Aşşr-Gebet erlaubt ist oder nicht:

Erste Sichtweise:       Das Verrichten von Gebeten nach dem ‘Aşşr-Gebet ist strengstens untersagt, da die Ĥadīthe dies allgemein untersagen. Diese Sichtweise vertritt der Großteil der Gelehrten. [al-Madjmū’, 4/175]

Die Gebete, die in dieser beschrieben Zeit untersagt werden zu verrichten, sind die freiwilligen Gebete.

Ibn Qudāmah hat gesagt: „Das Verbot des Verrichtens von Gebeten nach dem ‘Aşşr-Gebet hängt direkt mit dem ‘Aşşr-Gebet an sich zusammen. Denn demjenigen, der das ‘Aşşr-Gebet noch nicht verrichtet hat, ist es weiterhin erlaubt, zum Zeitpunkt des ‘Aşşr-Gebets Nāfilah-Gebete zu verrichten, auch wenn andere bereits das ‘Aşşr-Gebet verrichtet haben. Derjenige jedoch, der dass ‘Aşşr-Gebet bereits verrichtet hat, darf danach keine Nāfilah-Gebete mehr beten, auch wenn er der einzige ist, der bereits das ‘Aşşr-Gebet verrichtet hat. Wir kennen diesbezüglich keine Unstimmigkeit unter denjenigen, die das Verrichten von Gebeten nach dem ‘Aşşr-Gebet verboten haben […]. [al-Muĝnī, 2/525]

Einige von ihnen haben damit lediglich die Gebete eingegrenzt, die einen Grund haben (Dhū Aşbāb), wie die zwei Raka’āt des Tawāf, das Totengebet, das Begrüßungsgebet einer Moschee, das Gebet bei Sonnenfinsternis und die Sunnan ar-Rātibah (die Sunnah-Gebete zu den jeweiligen Pflichtgebeten) […]. [az-Zarkaschī, 2/58]

Die Anhänger dieser Sichtweise haben folgende Aussagen als Beweis genommen:

1.         Der Ĥadīth von Şa’īd al-Chudrī – Allas Wohlgefallen auf ihm – den Buchārī  (Nr.586) und Muşlim (Nr.827) verzeichnet haben, wo darin er sagte: „Ich hörte den Gesandten Allahs – möge Allah ihn loben und Heil schenken – sagen: „Es gibt kein Gebet nach dem Şubĥ-Gebet, bis die Sonne aufgegangen ist und es gibt kein Gebet nach dem ‘Aşşr-Gebet, bis die Sonne untergegangen ist.“

2.         Der Ĥadīth von Ibn ’Abbāş – Allas Wohlgefallen auf sie beide – den Buchārī (Nr.581), Muşlim (Nr.826) und weitere verzeichnet haben, wo darin er sagte, dass der Gesandte Allahs – möge Allah ihn loben und Heil schenken – das Gebet nach dem Şubĥ-Gebet untersagt hat, bis die Sonne aufgegangen ist und das Gebet nach dem ‘Aşşr-Gebet untersagt hat, bis die Sonne untergegangen ist.

Es gibt noch weitere Ĥadīthe, die allgemein darauf hinweisen, dass das Gebet zu diesen genannten Zeitpunkten untersagt ist. Zu ihrem Beweis gehört auch die Überlieferung, dass ’Ummar – Allahs Wohlgefallen auf ihm – anderen stets untersagt hat, zwei Raka’āt nach dem ‘Aşşr-Gebet zu verrichten. Er hat die Leute auch diesbezüglich getadelt.

Zweite Sichtweise:    Das Verrichten von Gebeten nach dem ‘Aşşr-Gebet ist erlassen worden, solange es nicht im Zeitpunkt des Sonnenuntergangs verrichtet wird, wo die Sonne anfängt gelblich zu werden. Der Zeitpunkt des Unterlassens beginnt mit dem Gelbwerden der Sonne und streckt sich bis zum Zeitpunkt, wo die Sonne ganz untergegangen ist. Das heißt, es beginnt bereits vor dem eigentlichen Sonnenuntergang.

Sie haben auf die Beweise derjenigen, die die erste Sichtweise vertreten geantwortet und haben ihnen gesagt, dass diese Ĥadīthe allgemeingültig sind und es andere Ĥadīthe gibt, die diese Allgemeingültigkeit spezifizieren. Dazu gehören:

1.         Der Ĥadīth von ’Ali – Allas Wohlgefallen auf ihm – den Abu Dawud und an-Nasa`i verzeichnet haben, wo darin er sagte, dass der Gesandte Allahs – möge Allah ihn loben und Heil schenken – das Gebet nach dem ‘Aşşr-Gebet untersagt hat, außer wen die Sonne noch hoch steht. In al-Muşnad heißt es: „Betet nicht nach dem ‘Aşşr-Gebet, außer ihr betet während die Sonne noch hoch steht.“ [aş-Şilşilah aş-Şaĥīĥah, 1/341]

2.         Von Ibn ’Ummar – Allahs Wohlgefallen auf sie beide – wird berichtet, dass der Gesandte Allahs – möge Allah ihn loben und Heil schenken – sagte: „Niemand von euch sollte unvorsichtig sein, sodass er während des Sonnenaufgangs oder während des Sonnenuntergangs betet.“ Al-Buchārī  hat diesem Ĥadīth eigens ein Kapitel mit dem Namen „bevor die Sonne untergeht, 1/585“ gewidmet. Dabei verwies er darauf, dass dieses Verbot lediglich mit dem Sonnenuntergang etwas zu tun habe.

3.         Der Ĥadīth von ‘Ā`ischah – Allas Wohlgefallen auf sie – den Buchārī  und Muşlim verzeichnet haben, wo darin sie sagte: „Ich hörte den Gesandten Allahs – möge Allah ihn loben und Heil schenken – sagen: „Es gibt zwei Raka’āt, die der Gesandte Allahs – möge Allah ihn loben und Heil schenken – niemals unterlassen hatte, weder im geheimen noch öffentlich: Zwei Raka’āt vor dem Morgengebet (al-Fadjr) und zwei Raka’āt nach dem Nachmittagsgebet (‘Aşşr).“ [Dieser Wortlaut ist nach der Überlieferung von Muşlim]

Ibn al-Mundhir hat gesagt: „Wenn es nun erlaubt ist, dass eine Persson nach dem ‘Aşşr-Gebet zwei freiwillige Raka’āt beten kann, dann ist ihm damit auch erlaubt, zu dieser Zeit so viele freiwillige Gebete zu verrichten, wie er will.“ [al-Auşat, 2/390]

Grundsätzlich ist es aber so, dass diese zwei Raka’āt, die der Gesandte Allahs – möge Allah ihn loben und Heil schenken – nach dem ‘Aşşr-Gebet verrichtet hat, eigentlich zum Dhuhr-Gebet gehörten, die er nachholen musste.

In beiden Sahih-Büchern ist verzeichnet, dass Umm Salamah den Gesandten Allahs – möge Allah ihn loben und Heil schenken – nach diesen zwei Raka’āt befragt hat, worauf er antwortete: „Einige Leute von (dem Stamm) ’Abdulqais kamen zu mir und teilten mir mit, dass sich ihre Leute zum Islam bekannten. Sie beschäftigten mich damit von den beiden Raka’āt, die man nach dem Mittagsgebet (Dhuhr) verrichtet. Diese hier sind nun diese beiden Raka’āt.“

Bei Muşlim heißt es weiter: „‘Ā`ischah – Allahs Wohlgefallen auf sie – sagte: „Danach betete er sie regelmäßig (nach dem ‘Aşşr-Gebet). Denn, wenn er ein (freiwilliges) Gebet verrichtet hatte, musste er es danach regelmäßig verrichten.“

Ibn Hazm hat gesagt: „An dieser Aussage hat sich asch-Schāfi’ī festgehalten. Doch hierin ist kein Beweis für ihn. Denn der Gesandte Allahs – möge Allah ihn loben und Heil schenken – hat nicht gesagt: „Sie ist untersagt außer für jene, die es vergessen haben oder daran gehindert waren.“ Wäre das Gebet zu dieser Zeit nicht erlaubt gewesen, dann hätte er doch diese nicht regelmäßig und zu einer Zeit verrichtet, in der es untersagt war.“ [al-Muĥalla, 1/265]

4.         Im „Muşnaf Ibn Abi Schaibah“ (2/352) ist folgender Ĥadīth verzeichnet: Uns hat ’Affan berichtet, dass Abu ’Awānah gesagt hat: Ibrahim Ibn Muĥammad Ibn al-Muntaschar hat seinen Vater gelobt, er würde stets zwei Raka’āt nach dem ‘Aşşr-Gebet verrichten. [as-Sahihah, 6/1010]

5.         Im „Muşnaf“ ist auch der folgende Ĥadīth von ‘Ā`ischah – Allahs Wohlgefallen auf sie – verzeichnet, dass der Gesandte Allahs – möge Allah ihn loben und Heil schenken – stets zwei Raka’āt nach dem ‘Aşşr-Gebet verrichtet hat. In einem anderen Wortlaut heißt es: „Es gab kein Tag, der über den Gesandten Allahs – möge Allah ihn loben und Heil schenken – angebrochen ist, an dem er nicht nach dem ‘Aşşr-Gebet zwei Raka’āt verrichtet hat.“ In einem weiteren Wortlaut heißt es: „Es gibt zwei Raka’āt, die der Gesandte Allahs – möge Allah ihn loben und Heil schenken – niemals unterlassen hatte, weder im geheimen noch öffentlich: Zwei Raka’āt vor dem Morgengebet (al-Fadjr) und zwei Raka’āt nach dem Nachmittagsgebet (‘Aşşr).“ [aş-Şaĥīĥah, 6/1011-1012]

6.         Es ist berichtet worden, dass eine Gruppe von Gefährten und jene, die nach ihnen kamen, nach dem ‘Aşşr-Gebet noch zwei Raka’āt verrichtet haben. Zu ihnen gehörten unter anderem: ’Ā`ischah, Umm Şalamah, ’Ali Ibn Abi Tālib, az-Zubair und sein Sohn ’Abdullah, Tamīm ad-Dāri, Nu’mān Ibn Baschīr, Abu Ayyūb al-Anşārī, Abu Bardah Ibn Abi Mūşah, Abu asch-Scha’thā`, ’Amr Ibn Maymūn, al-Aşwad Ibn Yazīd, Abu Wā`il, Muĥammad Ibn al-Muntaschar und weitere. [al-Auşat, 2/392], [at-Tamhīd, 13/33-37] Siehe auch aş-Şaĥīĥah (6/1012).

Niemand kann nun die Tat von ’Ummar – Allahs Wohlgefallen auf ihn – als Beweis für sich nehmen, da es nun genug Gefährte (Şaĥābah) gibt, die gegenteiliges getan haben. Selbst ’Ummar – Allahs Wohlgefallen auf ihn – hatte nach dem ‘Aşşr-Gebet zwei Raka’āt gebetet. Das, was über ihn berichtet wurde, nämlich dass er es den Menschen untersagt hatte und sie sogar diesbezüglich auch tadelte, so gibt es andere Wortlaute dieser Überlieferung, wie von ’Abdur-Razāq und weitere, wo es weiter heißt, dass ’Ummar – Allahs Wohlgefallen auf ihn – den Menschen dies nur deshalb untersagt hat, weil er befürchtet hatte, dass sie mit dem Beten nach dem ‘Aşşr-Gebet so sehr übertreiben werden, bis sie in der Zeit beten, wo es wirklich untersagt ist. Deshalb sagte er auch: „Ich befürchte, dass Menschen nach euch kommen werden, die ab dem ‘Aşşr-Gebet bis zum Maĝreb-Gebet beten werden und somit in der Zeit beten würden, wo der Gesandte Allahs – möge Allah ihn loben und Heil schenken – das Gebet untersagt hat.“ [Muşnaf ’Abdurrazaq, 2/431]

Im Buch „Muşnad aş-Şirādj“ (1/132) ist verzeichnet, dass Miqdām Ibn Scharīĥ berichtet hat, dass sein Vater gesagt hat: „Ich fragte ‘Ā`ischah über das Gebet des Propheten – möge Allah ihn loben und Heil schenken, wie er dieses verrichtet hat. Sie sagte: „Er verrichtete das al-Hadjīr-Gebet (Dhuhr- bzw. Mittagsgebet) und betete danach zwei Raka’āt. Dann verrichtete er das ‘Aşşr-Gebet und betete danach zwei Raka’āt.“ Ich sagte: Doch ’Ummar untersagt es den Menschen und tadelt sie sogar diesbezüglich. Sie sagte: „Auch ’Ummar hat sie gebetet. Er wusste auch, dass der Gesandte Allahs – möge Allah ihn loben und Heil schenken – sie verrichtet hat. Doch dein Volk sind ungebildete Leute. Sie verrichten das Dhuhr-Gebet und beten dann zwischen dem Dhuhr- und dem ‘Aşşr-Gebet. Dann verrichten sie das ‘Aşşr-Gebet und beten dann zwischen dem ‘Aşşr- und dem Maĝreb-Gebet. Deshalb tadelte sie ’Ummar diesbezüglich und das war auch gut so.“

Al-Albānī hat gesagt: „Diese Überlieferungskette ist authentisch.“ Danach sagte er: „Dieser Text ist eindeutig und besagt, dass ’Ummar diese zwei Raka’āt nur deshalb untersagt hat, weil er befürchtet hat, dass die Menschen es aufschieben würden, sodass es dann zu einem Zeitpunkt verrichtet wird, in der das Beten verhasst ist und zwar dann, wenn die Sonne gelblich wird. Nicht das Gebet an sich hat er untersagt, wie viele es fälschlicherweise verstanden haben, sondern den Zeitpunkt des Verrichtens.“ [aş-Şaĥīĥ, 6/1013]

Und Allah weiß es am besten!

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