Das Urteil über den Takbīr, der vor dem ’Īd-Gebet in der Gemeinschaft einheitlich vollzogen wird

Frage:

Vor dem ’Īd-Gebet vollziehen viele Menschen ihren Dhikr in der Gemeinschaft. Ist dies eine Neuerung (Bid’ah) in der Religion oder gehört dies zum Verrichten des ’Īd-Gebets?

 

Antwort:

Gepriesen sei Allah.

Ich habe gelesen, was der ehrenwerte Scheich Aĥmad Ibn Muĥammad Djamāl – möge Allah ihn zu den Taten verhelfen, die Er liebt – in einigen Zeitungen geschrieben hat. Darin zeigte er sich verwundert über diejenigen, die den Takbīr, der vor dem ’Īd-Gebet in der Gemeinschaft einheitlich vollzogen wird, als eine Neuerung bezeichnen und die dazu aufrufen, dass diese Tat eingestellt wird. Der Scheich hat in diesen Artikeln dann versucht zu beweisen, dass der Takbīr, der in der Gemeinschaft einheitlich vollzogen wird, keine Neuerung ist und dass es nicht erlaubt sei, dieses zu verbieten. Auch einige andere Autoren haben sich seiner Meinung angeschlossen und haben ihn darin gestärkt.

Da wir nun befürchten, dass dies zu Konflikten bei denen führen wird, die die Wahrheit nicht kennen, ist es für uns verpflichtend, diese Sachlage genauer zu erläutern.

Es gilt grundsätzlich beim Takbīr, dass dieser für die Nacht von al-’Īd, für die Zeit vor dem ’Īd-Gebet, beim Fastenbrechen im Ramadan, am 10. des Monats Dhi l-Ĥidjah und in den Tagen des at-Taschrīq erlassen wurde. In dieser Tat ist auch eine große Huld. Denn er erhabene Allah sagte bezüglich des Takbīr in ’Īd al-Fitr: "Damit ihr die Anzahl vollendet und Allah als den Größten preist (d.h. mit den Worten „Allahu akbar“), dafür, dass Er euch rechtgeleitet hat, auf dass ihr dankbar sein möget." [Sure 2, al-Baqarah, Vers 185] Der erhabene Allah sagte bezüglich des 10. Dhi l-Ĥidjah und der Tage des at-Taschrīq: "Damit sie (allerlei) Nutzen für sich erfahren und den Namen Allahs an wohlbekannten Tagen über den aussprechen, womit Er sie an den Vierfüßlern unter dem Vieh versorgt hat." [Sure 22, al-Ĥadj, Vers 28] Und der erhabene Allah sagte auch: "Und gedenkt Allahs während einer bestimmten Anzahl von Tagen." [Sure 2, al-Baqarah, Vers 203]

Zum Gedenken, der für diese bestimmte Anzahl von Tagen erlassen wurde, ist der Takbīr (das Wiederholen der Worte „Allahu akbar“), so wie es die reine Şunnah belegt hat und die Taten der rechtschaffenen Vorfahren (Şalaf) es bekräftigt haben. Die Art und Weise des erlassenen Takbīrs sieht wie folgt aus: Jeder Muslim macht den Takbīr für sich und alleine. Dabei erhebt er beim Takbīr seine Stimme so, dass die anderen ihn hören und ihn dadurch entweder in dieser Tat nachahmen oder bezüglich dieser erinnert werden. Was jedoch den Takbīr anbetrifft, der in der Gemeinschaft einheitlich vollzogen wird und der ja eine Neuerung ist, so sieht er wie folgt aus: Eine Gruppe von zwei oder mehr Personen erheben einheitlich ihre Stimmen und machen den Takbīr im selben Takt. Sie beginnen den Takbīr gemeinsam und beenden diesen auch gemeinsam mit einer Stimme und im selben Takt.

Diese Tat keinerlei Ursprung in der Şunnah und sie lässt sich auch nicht beweisen. Diese Art und Weise des Takbīr ist eine Neuerung, für die Allah keine Befugnis hinabgesandt hat. Derjenige, der diesem Takbīr, der auf diese Art und Weise vollzogen wird, widerspricht, der hat die Wahrheit gesprochen. Denn der Gesandte Allahs – möge Allah ihn loben und Heil schenken – hat gesagt: „Wer eine Tat begeht, die nicht unseren Befehlen entspricht, so wird diese Tat nicht anerkannt und für nichtig erklärt.“ Dieser Ĥadīth wurde bei Muşlim überliefert. Der Gesandte Allahs – möge Allah ihn loben und Heil schenken – sagte auch: „Und hütet euch vor den Neuerungen, denn jede Neuerung ist ein Irrweg und jeder Irrweg führt in die Hölle.“ Der Takbīr, der in der Gemeinschaft einheitlich vollzogen wird, ist eine neu erfundene Sache und somit eine Neuerung. Wenn nun die Taten der Menschen der islamischen Rechtslehre widersprechen, so ist es verpflichtend sie daran zu hindern. Denn es gilt der Grundsatz, dass jegliche Art der Anbetung nicht erlaubt ist, außer sie ist eine Anbetungen, die durch den Qur`ān und der Şunnah nachweisbar erlaubt wurde. Was jedoch die Aussagen und Meinungen der Menschen anbetrifft, so stellen diese keinen Beweis dar, falls sie den Beweisen aus der islamischen Rechtslehre widersprechen.

Das, was erlaubt ist, ist das, was erlassen wurde und durch die Belege nachweisbar ist, nämlich dass jeder Muslim für sich allein den Takbīr vollziehen soll.

Zu denen, die den Takbīr, der in der Gemeinschaft einheitlich vollzogen wird, verboten hatten, gehörte auch der ehrenwerte Scheich Muĥammad Ibrahīm, der Mufti von Saudi Arabien – möge Allah mit ihm gnädig sein. Er brachte auch diesbezüglich mehrere Fatawah heraus. Auch ich und der ständige Ausschuss der Gelehrten (al-Ladjnah ad-Dā`imah) haben bezüglich dem Verbot dieser Tat bereits mehrere Fatawahs herausgebracht.

Der ehrenwerte Scheich Ĥammūd Ibn ’Abdullah at-Tuwaidjrī an-Najdī – möge Allah mit ihm gnädig sein – hat einen bewerten Brief verfasst, wo darin er diese Tat ablehnte. Dieser Brief wurde auch gedruckt und herausgegeben. In diesem Brief sammelte er all die Beweise gegen diesen Takbīr, der in der Gemeinschaft einheitlich vollzogen wird, der denjenigen zufrieden stellt, der nach der Wahrheit strebt. Und dafür sei Allah Dank.

Das jedoch, was der Bruder Scheich Aĥmad als Beweis für seine Behauptung nahm, nämlich das, was ’Ummar – Allahs Wohlgefallen auf ihm – und die Menschen in Minnah getan hatten, so ist hier kein Beweis für ihn. Denn das, was er – Allahs Wohlgefallen auf ihm – und die Menschen in Minnah getan hatte, war nicht dieser Takbīr, der in der Gemeinschaft einheitlich vollzogen wird, im Gegenteil, das was er und die anderen getan hatten, war der Takbīr, der erlaubt ist und der erlassen wurde. Denn ’Ummar – Allahs Wohlgefallen auf ihm – hob seine Stimme beim Takbīr, da dies Şunnah war und weil er damit die anderen an den Takbīr erinnern wollte. Danach hat jeder für sich den Takbīr gemacht. Darin war keinesfalls eine Übereinkunft zwischen ihnen und ’Ummar – Allahs Wohlgefallen auf ihm – in der Art, dass sie einheitlich den Takbīr vollzogen haben, so wie es viele heutzutage machen. Auch alle rechtschaffenen Vorfahren – möge Allah mit ihnen gnädig sein – haben solch einen Takbīr nie gemacht. Ihr Takbīr war stets der, der auch durch die islamische Rechtslehre erlassen wurde. Wer das Gegenteil behauptet, der soll uns einen eindeutigen Beweis für seine Behauptung bringen.

Das gleiche gilt auch für den Gebetsruf für das ’Īd-, Tarawīĥ-, Qiyām- und Witr-Gebet, all das sind Neuerungen, die keine Grundlage dafür in unserem Glauben haben. Es ist in den authentischen Ĥadīthen über den Gesandten Allahs – möge Allah ihn loben und Heil schenken –  überliefert worden, dass er das ’Īd-Gebet verrichtet hat, ohne dabei vorher den Gebetsruf durchzuführen. Wir kennen auch keinen von den Leuten des Wissens, der einen anderen Wortlaut für diesen Gebetsruf  erwähnt hat. Wer etwas Gegenteiliges behauptet, muss uns den Beweis dafür bringen.

Niemand hat das Recht, eine Anbetung zu erlassen, egal ob es sich dabei nur um Worte oder auch Taten handelt, außer er hat dafür einen eindeutigen Beweis aus dem edlen Qur`ān, aus der reinen Şunnah oder aus dem Konsens der Leute des Wissens. Denn in Dingen der Anbetung herrscht kein Freiraum für Eigeninterpretation. Die islamische Rechtslehre warnt eindringlich vor Neuerungen in Glaubensfragen. Deshalb sagte auch der erhabene Allah: "Oder haben sie etwa Partner, die ihnen eine Glaubenslehre vorgeschrieben haben, die Allah nicht verordnet hat?" [Sure 42, asch-Schūrā, Vers 21] Oder auch die beiden Ĥadīthe des Propheten – möge Allah ihn loben und Heil schenken – über die Neuerung, die wir am Anfang erwähnten. Der Gesandte Allahs – möge Allah ihn loben und Heil schenken – sagte auch: „Wer etwas in unsere Angelegenheiten einführt, das nicht dazu gehört, dessen Handlung soll zurückgewiesen werden.“ Dies ist ein authentischer Ĥadīth. Oder auch die folgende Aussage des Gesandten Allahs – möge Allah ihn loben und Heil schenken: „Wahrlich, das beste Wort ist das Wort Allahs; der beste Weg ist der Weg Muĥammads. Die schlechteste Sache ist die Neuerung in der Religion, und jede Neuerung ist Bid’ah, und jede Bid’ah ist ein Fehlgehen.“ Verzeichnet in Şaĥīĥ Muşlim. Die Ĥadīthe und Überlieferungen bezüglich dieser Thematik sind zahlreich.

Der erhabene Allah ist der Einzige, der dem ehrenwerten Scheich Aĥmad und unseren übrigen Brüdern zu mehr Wissen in ihrer Religion verhelfen kann und Der sie standhaft machen kann. Möge Er uns allen zu Rufern der Rechtleitung und zu Verfechtern der Wahrheit machen. Möge Er uns auch von allem fernhalten, dass Seiner Rechtslehre widerspricht. Und möge Er unseren Propheten Muĥammad loben und ihm Heil schenken, ihm und seiner Familie und seinen Gefährten.

Madjmū’ al-Fatāwah Ben Bāz (Band 20, S. 13-23)

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