Das Urteil über Ehrenmorde

 

Frage:

Ich möchte gerne wissen, wie das Urteil über Ehrenmorde aussieht und ob Ehrenmörder nach den Gesetzen der Scharī’ah bestraft werden?

 

Antwort:

Alles Lob gebührt Allah.

Das rechtswidrige Töten eines Muslims ist eine ernste Angelegenheit und ein schweres Verbrechen. Der erhabene Allah sagt: "Und wer einen Gläubigen vorsätzlich tötet, dessen Lohn ist die Hölle, ewig darin zu bleiben. Und Allah zürnt ihm und verflucht ihn und bereitet ihm gewaltige Strafe." [an-Nişā` 4:93].

Al-Buchārī (Nr.6355) hat über Ibn ’Ummar – Allahs Wohlgefallen auf ihm – verzeichnet, dass der Gesandte Allahs – möge Allah ihn loben und Heil schenken – sagte: „Der Muslim bleibt stets unbedrängt im Rahmen seiner Religion, solange er kein widerrechtliches Blutvergießen begangen hat.“

Der Prophet – möge Allah ihn loben und Heil schenken – hat uns erklärt, aus welchen Gründen es gestattet wird, dieses Blut zu vergießen. Er sagte: „Das Blut eines Muslims, der bezeugt hat, dass es keinen anbetungswürdigen Gott gibt außer Allah, darf nicht vergossen werden, außer in einem der drei Fälle: Im Fall der Wiedervergeltung für Mord, im Fall der Unzucht durch einen Verheirateten, und wenn derjenige von seinem Glauben abfällt und seine Bindung zur Gemeinschaft (der Muslime) löst.“ [verzeichnet bei Buchārī (Nr.6370) und Muşlim (Nr.3175)]. (Dieses wird man auch im Judentum und im Christentum vorfinden. Siehe hier.)

Daraus wird deutlich, dass die Unzucht durch einen Verheirateten (also Ehebruch) eines der Gründe ist, die es erlauben, dass diese Person getötet wird. Doch der Ehebrecher (az-Zānī) darf nur dann hingerichtet werden, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind:

Erstens:          Er muss zuvor verheiratet gewesen sein. Die Gelehrten haben erklärt, was in diesem Fall mit „zuvor verheiratet“ gemeint ist. Zakariyah al-Anşārī – möge Allah mit ihm gnädig sein – sagte in „Aşnā l-Matālib (4 / 128)“: „Die zuvor verheiratete Person, ob männlich oder weiblich, ist eine erwachsene Person mit gesundem Verstand, die schon einmal Geschlechtsverkehr in einer gültigen Ehe hatte.“

Scheich Ibn ’Uthaimīn – möge Allah mit ihm gnädig sein – sagte in „asch-Scharĥ az-Zād (6/120)“: „Es gibt fünf Voraussetzungen für die Beschreibung des vorher verheirateten:

1.         Der Geschlechtsverkehr.

2.         In einer gültigen Ehe.

3.         Als Erwachsener.

4.         Ein gesunder Verstand.

5.         Frei sein (d.h. kein Sklave).“

Zweitens:       Es muss erwiesen sein, dass diese Strafe (Ĥadd) rechtens ist. Dies wird entweder durch das Zeugnis von vier männlichen Zeugen erreicht, die gesehen haben müssen, dass das männliche Geschlechtsteil in das Weibliche eingedrungen war oder indem diese verdächtige Person aus freiem Willen und ohne Zwang zugibt, Ehebruch begangen zu haben.

Auch wenn nachgewiesen wird, dass diese Person die Ĥadd-Strafe verdient hat, so ist es weiterhin nicht zulässig, dass „einfache“ Personen diese Strafe durchführen. Vielmehr muss dies eine Angelegenheit der Herrscher (Regierung) bleiben oder die ihrer Stellvertreter (z.B. Richter), die sie ernannt haben, um kriminelle Handlungen nachzuweisen und die Urteile zu vollstrecken. Denn wenn „einfache“ Personen die Ĥadd-Strafe durchführen würden, dann würde dies in Chaos und Unheil enden.

Ibn Mufliĥ al-Ĥanbalī – möge Allah mit ihm gnädig sein – sagte in „al-Furū’“: „Es ist für jeden verboten (Ĥarām), die Ĥadd-Strafe durchzuführen, außer dem Herrscher oder seinem Stellvertreter. Das ist etwas, worüber sich die Gelehrten des Islams einig sind, so wie es in „al-Mauşū’ah al-Fiqhiyyah“ (5/280) erklärt wurde: „Die Gelehrten sind sich alle einig darüber, dass derjenige, der Ĥadd-Strafen durchführen darf, allein der Herrscher ist oder sein Stellvertreter, obgleich es sich dabei um die Strafe bei Übertretung der Grenzen Allahs handelt, wie bei Unzucht, oder um ein Vergehen gegen eine andere Person, wie Verleumdung.““ [6/53].

Das Verbergen derjenigen, die diese abscheuliche Tat begangen haben, sodass sie bereuen und verbessern können, bevor sie sterben, ist besser als sie bloßzustellen, geschweige denn, sie hinzurichten. Denn der Prophet – möge Allah ihn loben und Heil schenken – wandte sich von Mā’iz – Allahs Wohlgefallen auf ihm – ab, nachdem dieser zugegeben hatte, Unzucht begangen zu haben. Er ignorierte ihn, bis er sein Geständnis mehrfach wiederholt hatte, sodass er dann die Ĥadd-Strafe auf ihn durchführen ließ.

Auf dieser Grundlage, ist der so genannte „Ehrenmord“ ein Unheil und eine Ungerechtigkeit zugleich, da hier jemand getötet wird, der die Todesstrafe nicht verdient hat und zwar ist es die (weibliche oder männliche) Jungfrau, die Zinā (Unzucht) begangen hat. In ihrem (seinen) Fall ist die Strafe laut der Scharī’ah die Auspeitschung und Verbannung für ein Jahr, jedoch nicht die Hinrichtung. Denn der Prophet – möge Allah ihn loben und Heil schenken – hat gesagt: „(Die Strafe für Zinā) für eine Jungfrau mit einer Jungfrau sind hundert Peitschenhiebe und Verbannung für ein Jahr.“ [verzeichnet bei Muşlim].

Derjenige, der wegen dieser Sünde tötet, der hat eine gläubige Seele getötet, die Allah verboten hat zu tötet. Diesbezüglich wurde auch eine ernste Warnung herabgesandt, wo darin der erhabene Allah sagte: "Und diejenigen, die neben Allah keinen anderen Gott anrufen und nicht die Seele töten, die Allah (zu töten) verboten hat, außer aus einem rechtmäßigen Grund, und die keine Unzucht begehen. – Wer das tut, hat die Folge der Sünde zu erleiden; die Strafe wird ihm am Tag der Auferstehung vervielfacht, und ewig wird er darin in Schmach bleiben." [al-Furqān 25:68-69].

Auch wenn wir davon ausgehen sollten, dass eine Person diese Strafe verdient hat, weil sie (er) vorher verheiratet war und Zinā begangen hat, so sollte niemand diese Strafe durchführen, außer die Herrscher - wie oben angegeben. Denn in vielen solcher Fälle, wo die Menschen Selbstjustiz ausgeübt und getötet haben, haben sie dies allein auf Grundlage von Anschuldigungen und Indizien getan, ohne jedoch einen Nachweis erbringen zu können, dass diese unsittliche Handlung auch wirklich stattgefunden hat.

Und Allah weiß es am besten!

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