Das Urteil über das Folgen der Madhāhib

Scheikh Şāliĥal-Fawzān, möge Allah ihn im Guten bewahren, hat gesagt: „Die Menschen unterteilen sich diesbezüglich in vier Kategorien:

Erste Kategorie:        Derjenige, der fähig ist, den absoluten Idjtihād1 durchzuführen, indem er direkt vom Qur`ān und von der Şunnah nimmt und die Urteil vom Qur`ān und von der Şunnah selbst herleitet. Dieser ahmt niemanden nach (Taqlīd). Dies ist die höchste Ebene. Doch dieser kann nur jemand sein, bei dem die bekannten Voraussetzungen für den Idjtihād alle erfüllt sind, indem er wissend sein muss im Bezug auf das Buch Allahs und der Şunnah Seines Gesandten, möge Allah ihn loben und Heil schenken. Er muss auch wissend sein im Bezug auf die arabische Sprache, mit der der Qur`ān ja herabgesandt wurde. Er muss weiterhin auch wissend sein über die eindeutigen Verse und andere, die mehrdeutig sind (al-Muĥkam wa l-Mutaschābih), über die beschränkten und unbeschränkten (al-Muttlaq wa l-Muqayyad), über die abrogierenden und abrogierten (an-Nāşikh wa l-Manşūkh) und über die allgemeingültigen und spezifischen (al-’Ām wa l-Khāş). Außerdem muss er darin qualifiziert sein. Dieser (der diese Fähigkeiten besitzt) kann Idjtihād machen. Dieses hatten die vier Imame, AbūĤanīfah, Mālik, asch-Schāfi’īund Aĥmad. Aber auch Şufyān ath-Thaurī und al-Auzā’ī gehörten dazu. Allah gab ihnen dieses Talent für den Idjtihād.

Zweite Kategorie:     Derjenige, der nicht fähig dazu ist, den absoluten Idjtihād durchzuführen. Doch kann er zwischen den einzelnen Aussagen der Gelehrten unterscheiden und die richtigere daraus entnehmen, da er weiß, welche davon sich auf solide Beweise stützen und welche nicht. Dieser muss die Aussagen nehmen, die sich auf Beweise stützen und die Aussagen zurückweisen, die den Beweisen widersprechen. Die Vorgehensweise heißt at-Tardjīĥ(Bevorzugung) und auch al-Idjtihād al-Madhhabī (der Madhhab bezogene Idjtihād).

Dritte Kategorie:       Derjenige, der nicht fähig dazu ist, at-Tardjīĥ zu machen. Dieser wird den Muqalidīn (den Nachahmern im Bezug auf einen Madhhab) zugeschrieben. Doch wenn er Kenntnis darüber haben sollte, dass es für eine bestimmte Aussage keinen Beweis gibt, dann darf er die Aussage nicht nehmen. Doch solange er keine Kenntnis hat und ihm auch kein Verstoß gezeigt wird, ist es nicht schlimm, wenn er Taqlīd macht und lediglich die Aussagen der vertrauenswürdigen Gelehrten nimmt.

Vierte Kategorie:      Derjenige, der nicht fähig dazu ist, eines dieser Dreien zu tun. Weder kann er Idjtihād machen noch Tardjīĥ noch al-Idjtihād al-Madhhabī. Zu diesen gehört die unwissende Masse (al-‘Awām). Diese müssen die Gelehrten in ihren Angelegenheiten befragen, so wie es der erhabene Allah gesagt hat: "So fragt die Leute der Ermahnung, wenn ihr (etwas) nicht wisst."2 Er soll diejenigen Gelehrten fragen, die er als vertrauensvoll ansieht und bei denen er sich wohl fühlt. Es müssen aber Gelehrte sein, denen im Bezug auf ihr Wissen, ihren Handlungen und ihren Fatāwāş (isl. Rechtsprechungen) vertraut werden kann.

Dies ist die Unterteilung der Menschen im Bezug auf dieses Thema.

Es ist für jeden Muslim verpflichtend, seine eigenen Fähigkeiten richtig einzuschätzen. Man darf nicht der Selbstüberschätzung unterliegen und sich selbst eine höhere Ebene zuschreiben, als man verdient. Diese Angelegenheit ist sehr gefährlich. Man sollte Allah, den Erhabenen, fürchten, da es hier um Urteile geht, ob etwas verboten oder erlaubt ist und ob etwas ins Paradies oder in die Hölle führt. Niemand sollte sich in eine Situation bringen, von der er nicht mehr raus kann.“3

 

Scheikh Muĥammad Ben Şāliĥ al-‘Uthaimīn, möge Allah mit ihm gnädig sein, hat gesagt:

„Derjenige, der kein Wissen hat und auch nicht imstande ist, Idjtihād zu machen, sollte die Gelehrte fragen, denn der erhabene Allah hat gesagt: "So fragt die Leute der Ermahnung, wenn ihr (etwas) nicht wisst." Der erhabene Allah hat nur deshalb damit befohlen, die Gelehrten zu fragen, um ihre Aussagen zu nehmen. Dies ist der Taqlīd (Nachahmung). Das, was jedoch im Bezug auf Taqlīd verboten ist, ist dass man sich bei allen Angelegenheiten allein auf einen bestimmten Madhhab (Rechtsschule) bezieht und dabei glaubt, dass dies der wahre Weg zu Allah, den Erhabenen, sei. Man nimmt dann nur noch von diesem Madhhab, auch wenn dies den klaren Beweisen eindeutig widerspricht.

Derjenige jedoch, der in der Lage ist, Idjtihād durchzuführen, wie die strebenden nach Wissen (Tullāb al-‘Ilm), die sich bereits ein solides Wissen aneignen konnten, diese sollten Idjtihād in Bezug auf die Beweise machen und das nehmen, was für ihn richtiger ist oder am ehesten zur Richtigkeit neigt. Was jedoch die unwissende Masse und die Anfänger anbetrifft, so sollten sie Idjtihād im Bezug auf Taqlīd machen und zwar gegenüber den Gelehrten, die - ihrer Meinung nach - am nächsten zur Wahrheit sind, da sie bekannt für ihr Wissen sind und für die Stärke ihrer Religion und ihrer Frömmigkeit.“4

 

 

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1 Idjtihād: Der Prozess des Denkens, durch den nach gründlichen Nachforschen Islamische Gesetze/Regeln hergeleitet werden (in Fällen, wo es für ein Problem keine klaren Beweise aus dem Qur`ān und/oder der authentischen Şunnah gibt). Selbstständige Urteilsfindung.

2 An-Naĥl 16:43

3 I’ānat al-Muştafīd bi Scharĥ Kitāb at-Tauĥīd

4 Al-’Ilm, S. 205

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